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DGS Kongress
Europas Kapitale
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Elize Bisanz Prof. Dr., M.A.
Kulturwissenschaft und Europaforschung
Kernkompetenzen der Kulturwissenschaft
Kulturwissenschaft ist die Wissenschaft der lebendigen Kultur.
Sie versteht die Kultur als einen synthetisch erzeugten Körper, den sie
analytisch behandelt. Sie deutet und erklärt die kulturellen Ausdrucksformen,
um das Leben, aus dem sie ursprünglich hervorgegangen sind, sichtbar zu
machen.
Kulturwissenschaft analysiert die Abhängigkeit zwischen interner Entwicklungslogik
der Ausdrucksformen und externen sozialen Bedingungen. Sie begreift beide Kontexte
nicht etwa voneinander getrennt, sondern als miteinander verflochten.
Kulturwissenschaft hat eine doppeltgerichtete Arbeitsperspektive: die synchronische
und die diachronische Forschung. Dafür erklärt sie sowohl Dingbegriffe,
Gesetzesbegriffe, wie auch Formbegriffe und Stilbegriffe.
Sie reflektiert theoretische Fragestellungen exemplarisch am Beispiel ihrer Erscheinungsformen.
Sie erklärt kulturelle Kodifizierungen als Denk- und Handlungsmodelle einer
Gesellschaft. Kulturwissenschaft definiert die Spezifität des Ausdrucksmediums
und fragt nach der Logik der Ökonomie, der Kunst, der Geschichte, der Öffentlichkeit,
der Politik etc. als strukturierende Elemente einer kulturellen Gemeinschaft.
Zu ihren Stärken gehört ihre analytische Reflexion über die Veränderungen
der gesellschaftlichen Praxis sowohl in ihren medialen, infrastrukturellen wie
auch in ihren technischen Facetten.
Kultur ist Grenzerweiterung
Der unerschöpfliche Drang der kulturellen Tätigkeit Grenzen zu überschreiten
ist der Motor jeder gesellschaftlichen Erneuerung. Innovation und Fortschritt
sowohl in ihren destruktiven wie auch konstruktiven Auswirkungen sind daher in
der ersten Linie kulturelle Kategorien, denn Kultur ist ohne Veränderung
undenkbar. Ein lebendiges kulturelles Klima ist der Nährboden für Innovation
und verantwortungsbewußtes Handeln in der Wissenschaft, Wirtschaft und
der Gesellschaft. Kultur ist keine meßbare Größe. Vielmehr ist
sie die Tätigkeit des Messens, des Vergleichens, des Verschiebens, des Ordnens.
Kultur ist ein Seismograph der gesellschaftlichen Entwicklung. Sie trägt
die Merkmale der vergangenen Zeiten und Erfahrungen, die in ihrer abstrahierten
Allgemeinheit wie Indizes der Zukunft agieren.
Europaforschung
Die jüngsten Diskussionen über einen europäischen Verfassungsvertrag
zeigen, daß die Frage nach der europäischen Identität, nach der
Topologie einer europäischen Gemeinschaft, nicht nur auf einer politischen
Ebene zu beantworten ist. Ein durchgehendes Motiv des Europa-Diskurses bildet
die Kategorie der Grenze, die in zwei Formen der Grenzziehung diskutiert wird.
Auf der einen Seite fungieren verbindende Werte, wie die gemeinsame Religion,
Geschichte, Sitte, Recht, politische Kultur, als mögliche grenzbestimmende
Medien; auf der anderen Seite bilden die Kommunikationsformen, der Austausch
zwischen Wissenschaftlern, Künstlern, auch der Austausch auf dem Arbeitsmarkt
und auf der politischen Bühne grenzziehende Kategorien.
Beide Dimensionen präsentieren sich als kulturelle strukturierende Grenzen
einer möglichen europäischen Gemeinschaft.
Der kulturwissenschaftlichen Arbeit stehen somit wichtige Aufgaben bevor; sie
kann die europäische Entwicklung insofern mitbestimmen, als sie, ausgehend
von der Verschiedenheit der Kulturen, ihr analytisches Instrumentarium für
die Vermittlung von multimedialen, -nationalen, -kulturellen Prozessen einsetzt
und die Merkmale einer europäischen Öffentlichkeit transparent darstellt.
Damit verwandelt sie Europa in einen Erfahrungs- und Handlungsraum, der durch
die kulturellen Eigenschaften der Mitglieder unmittelbar bestimmt wird.
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