K ulturwissenschaftliches Institut für Europaforschung



    Marie Fabiunke (März 2004)
    Entwurf eines Ansatzes für die Erforschung öffentlicher Kommunikation

    Abstract

    Seit Mitte der siebziger Jahre und verstärkt seit den achtziger Jahren findet in der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft und der Medienwissenschaft sowie bei medienorientierten und - interessierten Literatur- und Geschichtswissenschaftlern eine Debatte statt über Ziele, Theorien, Methoden und Probleme der Erforschung von Öffentlichkeit in historischer Perspektive.
    Die bisherige Debatte konzentrierte sich vor allem auf die empirischen Probleme und methodischen Mängel bisheriger Arbeiten sowie Forderungen nach mehr Systematik - konkrete forschungsleitende Lösungswege sind dagegen selten und nur ansatzweise zu finden.
    Es wird also höchste Zeit, einige griffige Orientierungslinien für die Erforschung der öffentlichen Kommunikation in historischer Perspektive aufzuzeigen:

    Öffentlichkeitsforschung ist die Untersuchung öffentlicher Kommunikationssituationen und -räume. Dabei wird Kommunikation verstanden als zweiseitiger, sinnstiftender und intentional verlaufender Prozess des kulturellen und sozialen Umgangs mit Information; Öffentlichkeit wird verstanden als Raum dieses Prozesses, der sich sowohl zu privaten als auch zu geheimen Räumen abgrenzt. Öffentliche Kommunikationsprozesse werden generiert und gestaltet durch Publizistik - durch Massenmedien vermittelte Kommunikation.

    Öffentliche Kommunikation ist durch ihre raum-zeitliche Situation bedingt und sie stiftet und formt diese Situation gleichermaßen; öffentliche Kommunikation ist gleichzeitig Ausdruck, konstituierender Faktor und Interpretation einer Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt.

    Permanente Definitions-, Aushandlungs- und Interpretationsprozesse formen die Umrisse die öffentlichen Raums. Seine jeweils spezifischen Rahmenbedingungen und Merkmale müssen erfasst werden, wie beispielsweise die Kommunikationspolitik mit ihren Machtverhältnissen, die rechtlichen Regelungen in Bezug auf Medien und Öffentlichkeit, die institutionelle und ökonomische Organisationsform des Mediensystems, die Professionalisierung des Journalistenberufs sowie die gesellschaftlich-kulturellen Gegebenheiten der öffentlichen Kommunikation - die Bedingungen des individuellen und gesellschaftlichen Seins und Bewusstseins.

    Öffentlichkeit wird getragen von öffentlichen Kommunikationsprozessen. Das theoretische Konstrukt der Publizistikwissenschaft - der publizistische Prozess bestehend aus Kommunikator Kommunikationsinhalt, Medium, Rezipienten und Wirkungen- bietet eine systematische Grundlage für ihre Untersuchung. Alle Elemente de publizistische Prozesses müssen zunächst für sich selbst, dann ihren Wechselbeziehungen erklärt und schließlich im Kontext der betrachteten Kommunikationssituation interpretiert werden.

    Die doppelte Perspektive -publizistischer Prozess und raum-zeitliche Kontextualisierungen und ihre dreifache Lesart - einzelne Element des publizistischen Prozesses, ihre Wechselbeziehungen und schließlich ihre Interpendenzen mit dem Kommunikationskontext- kann als systematischer Ausgangspunkt verwendet werden für die Erforschung von öffentlicher Kommunikation in europäischer Dimension - in historischen wie in gegenwärtige Situationen.


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